geralt @ pixabay.com
Wenn der Hund spurlos verschwindet ...
Ich bin ja quasi ein staatlich anerkanntes Helikopterfrauchen mit Zertifikat und Diplom. Was auch immer alles unterwegs oder daheim Schlimmes mit Hund passieren könnte - ich hab's schon zigmal gedanklich durchgespielt. In Farbe.
Es ist mittlerweile sogar so schlimm, dass ich mir nicht mal mehr eine von den vielen Dokusoaps à la 'Tierklinik' anschauen kann, die im Moment zur besten Sendezeit über den Bildschirm flimmern. Der Taschentuchbedarf ist einfach zu groß.
Ich kann mich da richtig reinsteigern, ehrlich. Wenn das arme kleine Hascherl auf der Trage jetzt Sophie wäre? Von rücksichtslosen Autofahrern über den Haufen gefahren? Opfer eines 'Der tut nix, der will bloß spielen'-Angriffs? Vergiftet, angeschossen, in den reißenden Gebirgsbach gefallen? Einen gemeingefährlichen Tumor im Kopf?
Hach, ich könnte ewig so weitermachen ...
Da die ganze Schwarzseherei natürlich Blödsinn ist und einem nur den Spaß und die Freude am eigenen Hund verdirbt, kriege ich mich im Normalfall ziemlich schnell wieder ein.
Außer es kommt gerade die 'Tierklinik' im Fernsehen ...
Oder ich befinde mich in einer Situation, bei der plötzlich meine innere Alarmanlage zu jaulen beginnt und die Rotorenblätter meines Helikopters starten. So was passiert mir nicht nur mit Sophie (oder dem Superhero-Herrchen, um das ich mir natürlich auch ständig Sorgen mache ☺), sondern auch gerne mal auf freier Wildbahn.
Wo es mich ja eigentlich noch viel weniger angeht ...
"Ich hab alles im Blick ..."
Free-Photos @ pixabay.com
Aber plötzlich wird aus einer winzigkleinen Unachtsamkeit eine große Tragödie - inklusive Polizei-Einsatz ...
Und leider praktisch mit Ansage. Wenigstens für ein Helikopterfrauchen.
Eine Tragödie mit Ansage
Wir waren über die Weihnachtsfeiertage bei der Familie auf der schönen, rauen Ostalb. Herrliche Lage, direkt an einem tollen Wandergebiet, freie Natur bis zum Abwinken. Ein idealer Platz, den Hund mal richtig schön (frei) springen zu lassen.
Das dachte sich auch eine Familie, die uns mit ihrer frischgeschlüpften Handvoll Chihuahua-Welpen auf dem Feiertagsspaziergang begegnete. Stolz wie Bolle, verliebt bis über beide Ohren in das winzige Fellbündel, alles bestens. Nur ohne Leine. Und ohne Geschirr.
Ich gestehe, ich war sofort neidisch. Als wir nämlich Sophie im zarten Alter von zehn Wochen vom Züchter abholten, war sie bestens von ihrer (Hunde)Familie sozialisiert, hatte eine perfekte Beißhemmung, war vorsichtig - und hatte ihren eigenen Kopf (wie heute noch ☺). Auf gut deutsch: nix war's mit dem permanenten Hinterhertapsen und einer Maximaldistanz von fünfzig Zentimetern, wie's so schön in den Welpen-Ratgebern steht. Das Mäuschen wollte sofort die Welt entdecken - und zwar möglichst allein.
Das ist in einem praktisch offenen Garten, der vorne an die Straße und hinten ans Landschaftsschutzgebiet anschließt, nicht ganz ohne. Schon gar nicht, wenn über dem Winzling plötzlich die Bussarde im Tiefflug kreisen.
Langer Rede, kurzer Sinn: Sophie trug von Tag 1 an ihr winziges Brustgeschirr mit noch winzigerer Stoffleine, sobald wir mit ihr an die frische Luft gingen (und wir gingen oft - siehe dazu 'Mein Hund wird nicht stubenrein'). Im Garten und erst recht draußen in der freien Natur. Über uns kreisten die Bussarde und schimpften.
Auch im Ostalbkreis gibt's Bussarde, aber die frischgebackenen Hundeeltern nahmen's locker.
Und wir mit einem Grummeln im Bauch. Aber - es muss ja schließlich nicht jeder so herumhelikoptern wie wir.
Zu Fahndung ausgeschrieben
Genau zwei Tage später lagen gute fünfzig Zentimeter Neuschnee, und das Thermometer zeigte irgendwas scheußlich Kaltes deutlich unter Null an.
Zähneklappernd schnallten wir Sophie das Wintermäntelchen um und machten uns auf den ersten Gassi-Gang. Wir kamen nicht weit. Neben uns hielt plötzlich schlitternd ein Polizeiauto, und wir machten das, was man in solchen Situationen immer macht: ein möglichst harmloses Gesicht. Vor allem, als die Seitenscheibe nach unten glitt und sich ein Polizeibeamter herausbeugte. Für uns hatte er erstmal keinen Blick übrig. Nur für Sophie. Die freute sich auf Kommando auch gleich ganz herzlich.
"Bisch du an d'r Leine?", fragte der Beamte unseren Hund, was Sophie schwanzwedelnd bestätigte.
"So isch's recht", sagte er zu ihr. Und zu uns, dass ein kleiner Hund vermisst werden würde, ein Welpe. Hunderasse unbekannt, Farbe unbekannt, ohne Halsband, ohne Marke. Drei Querstraßen weiter vorne. Schon etwas länger.
Mehr konnte er uns nicht sagen. Aber er klang nicht besonders zuversichtlich.
Wir versprachen dem Polizisten, dass wir mit Sophie gleich das Wohngebiet ablaufen würden - wenn Sophie eines kann, dann schnüffeln.
"Da liegt was in der Luft ..."
Und das durfte sie dann auch mal ausnahmsweise bis zum Umfallen.
Wir ließen uns von ihr durch die Straßen ziehen, guckten unter Autos und Anhänger, klopften auf Büsche und verfolgten (viel zu große) Pfotenspuren, die schnell unter den Schneeflocken verschwanden.
Immer in der Hoffnung, Sophie würde nicht bloß keifende Amseln und fauchende Katzen aufstöbern, sondern auch einen kleinen Welpen, der nicht mehr nach Hause fand. Freiwillig würde sich der Kleine bestimmt nicht aus seinem Versteck trauen, und außer uns war auch keiner unterwegs - kein Wunder bei dem starken Schneefall. Irgendwann war uns drei so kalt, dass wir die Suche abbrechen mussten. Es hatte keinen Sinn mehr. Auch wenn mir beim Gedanken an einen zitternden, verängstigten Welpen wirklich übel wurde. Die Zeit lief gegen ihn.
Es schneite noch den ganzen Tag weiter, und nachts fiel das Thermometer deutlich unter Null. Von der Polizeistreife war nichts mehr zu sehen, auch nicht von anderen Leuten auf Welpensuche.
Ob der Kleine gesund und munter wieder aufgetaucht ist?
Keine Ahnung. Ich kann es nur hoffen.
Die Familie war nicht mehr mit dem Welpen unterwegs.
Man kann nicht alles planen oder vorhersehen - nicht mal als Helikopterfrauchen ☺. Und das ist eigentlich auch ganz gut so.
Aber manchmal reicht ein verfrühter Silvesterknaller, mit dem keiner gerechnet hat, oder eine Terrassentür, die 'ganz kurz' zum Lüften offen steht. Und plötzlich ist er spurlos verschwunden, der eigene Hund ...
Ich hoffe, dass wir nie in diese Situation geraten - und das wünsche ich auch Dir und Deiner Fellnase.
Oder bist Du auch schon mal verzweifelt auf der Suche gewesen? Hast Du vielleicht sogar schon positive Erfahrungen mit Tiersuchdiensten wie TASSO e.V. gemacht? Wir haben Sophie dort übrigens noch vor ihrem Einzug registrieren lassen - logisch, als Helikopter ☺ ...
Wenn Du Dich auch mal darüber informieren willst, wie die (übrigens kostenlose!) Anmeldung bei TASSO e.V. funktioniert: schau doch gleich bei www.tasso.net vorbei.
In diesem Sinne, pass gut auf Euch auf!
Viele Grüße und bis zum nächsten Mal,
Kommentar schreiben
gvDIgrDT (Freitag, 23 September 2022 22:22)
1